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Direkte Messungen der Zeitdilatation

In der Ausgabe vom 28. Juli 1977 hat eine Gruppe von Wissenschaftlern am Europäischen Forschungszentrum CERN bei Genf ein Experiment zur direkten Messung der Zeitdilatation veröffentlicht. Hierbei wurde der Zerfall von schnellen Myonen über etwa 300 Mikrosekunden vermessen und daraus ihre Lebensdauer bestimmt.

Myonen sind Elementarteilchen die den Elektronen sehr ähneln aber deutlich schwerer sind. Sie zerfallen mit einer mittleren Lebensdauer von genau 2,1970 Mikrosekunden in ein Elektron und zwei Neutrinos. Die mittlere Lebensdauer konnte in dem Experiment bestimmt werden, indem einfach die Zahl der Zerfallsprozesse über die Zeit verfolgt wurde. So konnte man die Rate bestimmen, mit der die Anzahl der unzerfallenen Myonen im Speicherring abnahm.

Die spezielle Relativitätstheorie sagt nun voraus, dass die Zeit für ein schnell bewegtes Objekt langsamer vergeht als für ein ruhendes Objekt. Schnell im Speicherring umlaufende Myonen sollten also langsamer zerfallen als ruhender Myonen. Dieser Effekt heißt Zeitdilatation. In dem verwendeten Speicherring wurden Myonen auf eine Geschwindigkeit von 99,94% der Lichtgeschwindigkeit gebracht und von einem starken Magnetfeld auf einer Kreisbahn mit 14 Metern Umfang gehalten. Bei dieser Geschwindigkeit konnte eine Zeitdilatation von etwa 29,33 erwartet werden, die Myonen sollten also 29,327 mal länger als ruhende Myonen leben.

Die Lebensdauermessung ergab für positiv geladene Myonen einen experimentellen Wert von 64,419±0,058 Mikrosekunden und für negativ geladene Myonen 64,368±0,029 Mikrosekunden. Durch genaue Vermessung der Myonengeschwindigkeit konnte zudem die erwartete Zeitdilatation (Gamma-Faktor) zu 29,327±0,004 gemessen wurde. Mit diesen Werten haben die Wissenschaftler mit Hilfe der speziellen Relativitätstheorie auf die Lebensdauer der ruhenden Myonen zurückgerechnet und erhielten eine Lebensdauer von 2,1966±0,002 Mikrosekunden für positive und 2,1948±0,001 Mikrosekunden für negative Myonen. Diese Messung bestätigt somit die Vorhersagen der speziellen Relativitätstheorie auf 0,02% genau.

Kein Einfluss der Beschleunigung

In der hier vorgestellten Veröffentlichung geben die Autoren auch einen Überblick über andere Messungen zur Zeitdilatation an Elementarteilchen. Der Zerfall von schnellen Pionen und Kaonen wurde in früheren Messungen mit den Vorhersagen der Relativitätstheorie verglichen. Außer der deutlich höheren Genauigkeit war in diesem Experiment neu, dass die Myonen durch ein magnetisches Feld auf eine Kreisbahn gezwungen wurden. Es konnte so gezeigt werden, dass die Zeitdilatation von Elementarteilchen tatsächlich nur von der Geschwindigkeit, nicht aber von der Beschleunigung durch das Magnetfeld abhängt. Auch das ist in Übereinstimmung zur Relativitätstheorie.

Die Lebensdauer von positiven und negativen Myonen ist übrigens fast gleich. In diesem Experiment scheint es einen Unterschied zu geben, der aber statistisch nicht relevant ist. Heute weiß man, dass die Lebensdauern auf mindestens fünf Nachkommastellen übereinstimmen.

Letzte Änderung: 12.05.2007

© Joachim Schulz